Was Paartanz besonders macht

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und warum Tanzkurs nicht gleich Tanzkurs ist

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Was genau bedeutet eigentlich Paartanz?

Was macht das paar­wei­se Tan­zen so beson­ders? Und war­um soll­ten wir zum Tan­zen­ler­nen aus­ge­rech­net in eine ADTV-Tanz­schu­le gehen?

Um die­se Fra­gen zu beant­wor­ten, erst ein­mal ein paar Sät­ze über mich:
Mein Name ist Inga Wil­king und ihr kennt mich ent­we­der als Tanz­leh­re­rin und Inha­be­rin der Tanz­schu­le Tess­mann in Kiel, oder aber durch Nor­disch Life­style, für die ich seit August 2021 über das The­ma Tan­zen berich­te. Tan­zen ist mein Leben und ich habe das gro­ße Pri­vi­leg, mich täg­lich, vor allem mit dem Wei­ter­ge­ben mei­ner Lei­den­schaft zu beschäf­ti­gen, sowie jun­ge, wer­den­de Tanz­leh­ren­de aus­zu­bil­den. Vor 20 Jah­ren habe ich mei­nen ers­ten Tanz­kurs gemacht, damals mit 12 Jah­ren, und war von Anfang an begeis­tert. Schnell wur­de dar­aus ein zusätz­li­cher Neben­job als Aus­hil­fe in mei­ner dama­li­gen Tanz­schu­le, bis ich schließ­lich nach dem Abitur die Aus­bil­dung zur ADTV-Tanz­leh­re­rin gemacht und 2015 been­det habe. Seit 2019 habe ich mei­ne prak­ti­sche Aus­bil­dungs­li­zenz im ADTV und bin seit Janu­ar 2021 die neue Inha­be­rin der ADTV-Tanz­schu­le Tess­mann.

Wie­so erzäh­le ich euch das über­haupt? Weil ich sel­ber den Weg von Anfän­ge­rin bis zum Pro­fi gemacht habe und mir dabei, in Bezug auf Paar­tanz und des­sen Zau­ber eine ganz beson­de­re Sache auf­ge­fal­len ist, die es für mich zu 100% aus­macht. Ich möch­te euch also nicht mit Stu­di­en und Bene­fits lang­wei­len, son­dern mei­ne ganz per­sön­li­che Mei­nung schil­dern.

Ja, Tan­zen macht glück­lich und ist gesund. Aber noch viel inter­es­san­ter ist, was aus­ge­rech­net Paar­tanz zwi­schen­mensch­lich mit uns macht. Hier­bei spre­che ich nicht vom spor­ti­ven Tanz, For­ma­ti­ons­tanz oder Tur­nier­tanz gene­rell.

Es geht um Gesell­schafts­tanz, der ohne jeg­li­chen Leis­tungs­druck erlernt und getanzt wird. Ein­fach zum Spaß und für sich selbst. Denn hier, sofern ihr von euren Tanz­leh­ren­den rich­tig her­an­ge­führt wur­det, geht es um Füh­ren und Fol­gen, nicht um das Ablau­fen von fest­ge­setz­ten Schritt­fol­gen und Cho­reo­gra­phien.

Nur, was ist dieses Führen und Folgen?

Ich sel­ber beschrei­be es sehr ger­ne als eine Art Unter­hal­tung zwi­schen zwei Per­so­nen, die sich im bes­ten Fall auf­ein­an­der ein­las­sen und so einen gemein­sa­men, beson­de­ren und auch irgend­wie inti­men Moment mit­ein­an­der tei­len. Die Geschlech­ter­rol­len sind hier eigent­lich völ­lig unbe­deu­tend. Das, was sich im klas­si­schen Sin­ne noch Herr und Dame nennt, wird immer mehr zu „Lea­der“ und „Fol­lower“ (füh­ren­de und fol­gen­de Per­son), wobei die Lea­der die tra­di­tio­nel­len
„Her­ren“ und die Fol­lower die tra­di­tio­nel­len „Damen“ sind.

Wie die­se Struk­tur sich dann im Paar umsetzt, ist aber im Grun­de genom­men den Tan­zen­den über­las­sen. Die Lea­der haben meist die etwas leich­te­ren Schrit­te, weil sie die Struk­tur des Tan­zes lei­ten sol­len, sprich, sie initi­ie­ren die Unter­hal­tung. Die Fol­lower sind in der aus­füh­ren­den Rol­le.

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Das bedeu­tet, dass sie die Ein­la­dung des Lea­ders für einen bestimm­ten Tanz, oder Tanz­schritt emp­fan­gen und die­se dann im bes­ten Fall auch umset­zen.

Das wäre aber alles eine sehr ein­sei­ti­ge Unter­hal­tung, wenn die Lea­der aus­schließ­lich bestim­men und die Fol­lower aus­schließ­lich fol­gen wür­den. Und so, wie in jeder guten Unter­hal­tung, haben auch die Fol­lower ein gewis­ses Mit­spra­che­recht. Sie hel­fen in bestimm­ten Situa­tio­nen, zum Bei­spiel wenn die Lea­der ein­mal nicht alles sehen kön­nen, was auf der Tanz­flä­che pas­siert, und dür­fen so auch gewis­se Bewe­gun­gen abstop­pen. Eben­so müs­sen sie nicht gänz­lich hörig sein, son­dern haben immer ein Recht dar­auf, gewis­se Din­ge abzu­leh­nen oder vor­zu­schla­gen. Das kann der Abstand im Paar sein, gewis­se Dre­hun­gen, die in dem Moment ein­fach zu viel waren, oder das Aus­pro­bie­ren von Figu­ren­ab­läu­fen, die den Lea­dern even­tu­ell nicht ein­ge­fal­len sind, die aber har­mo­nisch klap­pen könn­ten.

Und damit sind wir bei dem Punkt von oben ange­kom­men:

Warum sollte ich ausgerechnet in eine ADTV-Tanzschule gehen,

um Tanzen zu lernen?

Für mich ist die Ant­wort sehr ein­fach. Der ADTV (all­ge­mei­ner deut­scher Tanz­leh­rer­ver­band) ist der ältes­te Berufs­bil­dungs­ver­band in Deutsch­land und bil­det seit Jahr­zehn­ten Tanz­leh­ren­de aus. Dabei wird immer wie­der am Aus­bil­dungs­stan­dard gefeilt und geschaut, was die Men­schen, die tan­zen ler­nen wol­len bewegt und wo der Trend hin­geht. Frü­her sind vor allem ehe­ma­li­ge Turniertänzer*innen in die Aus­bil­dung gegan­gen und das hat sich damals natür­lich auf den Tanz­un­ter­richt aus­ge­wirkt.

Lan­ge Figu­ren­kom­bi­na­tio­nen, Tan­zen auf Zuruf und lan­ges Mit­zäh­len bei fes­ten Abfol­gen waren die Regel. Seit einer gan­zen Wei­le wird aber genau dar­an gear­bei­tet und sowohl die alten Hasen, die sich im Regel­fall noch viel wei­ter­bil­den, als auch die jun­gen und moder­nen Schu­len wei­chen immer mehr davon ab.
Wir, denn ich schlie­ße mich und mei­ne Tanz­schu­le hier­bei ein, sehen es als unse­re Auf­ga­be, den Ler­nen­den das Werk­zeug in die Hand zu geben, das sie brau­chen, um sich natür­lich und har­mo­nisch mit­ein­an­der zu bewe­gen und zu ver­ste­hen, wie sich ein­zel­ne, bereits gelern­te Figu­ren kom­bi­nie­ren las­sen und wie sie even­tu­ell auch auf ande­re Tän­ze über­trag­bar sind.

Wir unter­rich­ten, för­dern und ver­bes­sern also die ein­zel­nen Spra­chen, Voka­beln und Gram­ma­tik, die ihr braucht, um die­ses wun­der­vol­le Erleb­nis einer gemein­sa­men Unter­hal­tung zwei­er Men­schen zu erle­ben, ohne dabei tat­säch­li­che Wor­te zu brau­chen. Die Spra­chen sind hier­bei die Tän­ze, die Voka­beln die Figu­ren und Gram­ma­tik ist das Zusam­men­set­zen, Lei­ten und Ver­ste­hen der ein­zel­nen Figu­ren zuein­an­der.

Ich möch­te nicht sagen, dass ande­re Ange­bo­te und nicht ADTV Tanz­schu­len des­halb schlech­ten Unter­richt machen. Ich sage ledig­lich, dass ihr bei der Wahl eurer Tanz­schu­le oder eures Ver­eins genau hin­schau­en soll­tet.

Denn dort, wo viel spor­ti­ver Back­ground ist, ist es wahr­schein­li­cher, dass noch viel in Abfol­gen unter­rich­tet wird und sich gewis­se Ideo­lo­gien, ein­fach weil man es nicht anders kennt, auch in den Anfän­ger­be­reich über­tra­gen. Dort, wo Unter­richt sehr güns­tig, ist fehlt häu­fig der nöti­ge didak­ti­sche Hin­ter­grund und damit das Ver­ständ­nis dafür, wel­che Figu­ren und Tän­ze für wel­che Level geeig­net sind. Ihr lernt viel­leicht sofort „rich­tig coo­le“ Sachen, es fehlt aber der rich­ti­ge Umgang damit, schlicht­weg weil die pro­fes­sio­nel­le Aus­bil­dung nicht oder nur wenig vor­han­den ist.

Denn lei­der ist der Beruf der Tanz­leh­ren­den nicht staat­lich geschützt und so darf sich jede*r Tanzlehrer*in nen­nen und unter­rich­ten, solan­ge der Raum und das Publi­kum gege­ben sind.

Über­legt euch immer vor­her, was ihr euch vom Paar­tanz wünscht und was eure Vor­stel­lun­gen sind, denn das wird bestim­men, wo ihr am bes­ten auf­ge­ho­ben seid. Paar­wei­ses Tan­zen ist ein wun­der­schö­nes Hob­by und wenn ihr rich­tig, mit Fin­ger­spit­zen­ge­fühl und Ver­ständ­nis her­an­ge­führt wer­det, dann wer­det ihr nicht nur die­se traum­haf­ten Momen­te mit­ein­an­der erle­ben, son­dern auch zu dif­fe­ren­zie­ren ler­nen, wie man sich an das Tan­zen mit neu­en oder ande­ren Partner*innen her­an­tas­tet; ohne dass ihr viel erklä­ren und zei­gen müsst und euch „durch­ge­schleppt“ fühlt. Dann kann tan­zen sich wie Flie­gen anfüh­len und ich bin der Mei­nung, dass die­ses Erleb­nis eins der schöns­ten Frei­zeit­er­leb­nis­se ist.

Bericht und Fotos: Inga Wil­king, ADTV Tanz­schu­le Tess­mann

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