Mobbing hat ein Gesicht

underline wave oky0c7ff0survxrrffsw5vleuchgsnc38mafvf66zk png
Green and Modern Green Vibrant Media Contact List Docs Banner

Mobbing hat ein Gesicht

– und sie hat ihn fast zerstört

Ich schrei­be die­sen Text nicht als Außen­ste­hen­der. Ich schrei­be ihn als Sascha – als Freund, als Zuhö­rer, als jemand, der Trä­nen in den Augen hat­te, als mir mein bes­ter Freund zum ers­ten Mal erzähl­te, was ihm wider­fah­ren ist.

Er war ein Mann wie ein Bär. Stark, herz­lich, lebens­froh. Nichts konn­te ihn erschüt­tern. Er war der­je­ni­ge, der ande­re zum Lachen brach­te, selbst wenn alles um ihn her­um brann­te. Wenn er einen Raum betrat, wur­de es hel­ler. Er war laut, leben­dig, vol­ler Ener­gie – bis die­ser Job ihn ver­än­der­te. Stück für Stück. Lei­se. Heim­lich. Bis von sei­nem Lachen nur noch ein Schat­ten blieb.

Es ist eine Geschich­te, die mich bis heu­te nicht los­lässt. Eine Geschich­te, die zeigt, dass Mob­bing nicht nur Frau­en trifft. Auch Män­ner wer­den ver­letzt. Auch Män­ner bre­chen – still, lei­se, oft unbe­merkt.

Der Anfang voller Hoffnung

Er hat­te die­sen Job gebraucht. Nicht nur wegen des Gel­des – son­dern wegen der Hoff­nung. Nach einer schwie­ri­gen Zeit woll­te er neu anfan­gen. Ich erin­ne­re mich noch genau, wie er mir damals schrieb: „Sascha, ich hab’s geschafft. Mon­tag geht’s los. Ich bin ner­vös, aber auch stolz.“
Der ers­te Tag war wie ein Neu­an­fang. Er erzähl­te mir von dem Duft nach Kaf­fee, dem lei­sen Sum­men der Dru­cker, dem Gefühl, end­lich wie­der gebraucht zu wer­den. Doch die­ses Gefühl hielt nicht lan­ge.

Die ersten Risse

„Du musst schnel­ler arbei­ten, viel schnel­ler!“ – das waren die ers­ten Wor­te, die ihn tra­fen wie ein Schlag ins Gesicht. Woche zwei. Er hat­te sich gera­de in die Pro­gram­me ein­ge­ar­bei­tet. Die Stim­me kam von einer Frau. Einer Kol­le­gin. Laut, schnei­dend, über den Schreib­tisch hin­weg. Alle sahen ihn an. Und er? Er lächel­te unsi­cher, mur­mel­te: „Ich gebe mein Bes­tes.“ Doch ihr Blick blieb kalt. „Ein­ar­bei­tung darf nicht län­ger als drei Mona­te dau­ern. Wenn du das nicht schaffst, bist du hier falsch.“

Ein Alltag aus Angst

Von da an wur­de jeder Tag ein Spieß­ru­ten­lauf. Jeder Klick, jede Bewe­gung, jedes Wort wur­de beob­ach­tet. Fra­gen wur­den mit Augen­rol­len quit­tiert. Feh­ler wur­den ihm laut vor­ge­hal­ten – selbst wenn es kei­ne waren. „Schon wie­der falsch!“ – quer durchs Büro. Er erzähl­te mir, wie er sich in sei­nem Stuhl zusam­men­kau­er­te, wie die Scham ihn auf­fraß.

Unsichtbare Angriffe

Dann ver­schwan­den plötz­lich sei­ne Unter­la­gen. Die Map­pen, die er müh­sam sor­tiert hat­te, waren weg. Nie­mand ant­wor­te­te auf sei­ne Fra­ge. Nur ein lei­ses Kichern im Hin­ter­grund. Spä­ter fand er sie – weg­ge­schlos­sen. Ohne Schlüs­sel. Ohne Zugang. Wie soll­te er so arbei­ten?

Es hör­te nicht auf. Sein Arbeits­platz wur­de durch­wühlt. Per­sön­li­che Noti­zen fehl­ten. Es fühl­te sich an, als wür­de jemand hin­ter ihm ste­hen und ihn mit unsicht­ba­ren Fin­gern schub­sen.

Die Täterin hatte ein Lächeln

Er such­te das Gespräch. „Ich habe das Gefühl, dass hier etwas schief­läuft.“ Doch man lach­te ihn aus. „Du siehst Gespens­ter.“ – „Mach dich nicht so wich­tig.“ Und sie? Die Kol­le­gin? Sie lächel­te. Aber nicht freund­lich. Son­dern wie jemand, der weiß, dass nie­mand hin­sieht. Sie war es, die ihn sys­te­ma­tisch zer­mürb­te. Mit Wor­ten. Mit Schwei­gen. Mit geziel­ter Iso­la­ti­on.

Der stille Zusammenbruch

Man ver­dreh­te sei­ne Wor­te. Aus­sa­gen, die nie gefal­len waren, mach­ten die Run­de. Er wur­de zum Außen­sei­ter. Zum Pro­blem. Zum Mann, der „nicht belast­bar“ sei.

Abends saß er oft stun­den­lang im Auto, bevor er sich trau­te, aus­zu­stei­gen. „Bin ich wirk­lich so dumm?“ frag­te er sich. „Was stimmt nicht mit mir?“ Irgend­wann kam die Ant­wort nicht mehr von ihm – sie kam von ihr. Und sie fraß sich tief in sein Herz.

Ich weiß noch, wie er mir sag­te: „Ich dach­te, der Chef hilft mir. Aber er hat nur gesagt: ‚Das ist nor­mal in der Anfangs­zeit. Stell dich nicht so an.‘“ Da brach etwas in ihm. Nicht laut. Nicht sicht­bar. Aber tief.

Der Körper sagt: Genug

Dann kamen die Panik­at­ta­cken. Herz­ra­sen beim Anblick des Fir­men­ge­bäu­des. Schweiß­nas­se Hän­de auf dem Park­platz. Atem­not im Flur. Sein Kör­per schrie: „Geh!“ Und eines Mor­gens, in der Büro­kü­che, brach er zusam­men.

„Sascha“, sag­te er mir, „sie woll­ten mich bre­chen. Aber mein Ende soll­te nicht ihnen gehö­ren.“ Und so stand er wie­der auf. Reich­te sei­ne Kün­di­gung ein. Die Hän­de zit­ter­ten. Aber sein Herz war frei.
Die Ent­schei­dung zur Frei­heit

Heu­te weiß er: Kein Job, kein Team, kein Vor­ge­setz­ter – und kei­ne Kol­le­gin – hat das Recht, einen Men­schen so zu behan­deln. Sie haben ver­sucht, ihm die Wür­de zu neh­men. Doch am Ende ist er gegan­gen – nicht als Ver­lie­rer, son­dern als jemand, der stär­ker ist, als sie je gedacht hät­ten.

Du bist nicht allein

Ich tei­le sei­ne Geschich­te, weil sie erzählt wer­den muss. Weil Män­ner oft schwei­gen. Weil Schmerz kein Geschlecht kennt. Und weil nie­mand allein sein soll­te.

Wenn du dich wie­der­erkennst – bit­te sprich. Bit­te hol dir Hil­fe. Es ist kein Zei­chen von Schwä­che. Es ist ein Zei­chen von Mut.

Hil­fe bei Mob­bing in Deutsch­land

- Tele­fon­seel­sor­ge
0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222
Rund um die Uhr erreich­bar, anonym und kos­ten­los
www.telefonseelsorge.de
- Num­mer gegen Kum­mer – Eltern­te­le­fon
0800 111 0 550 | Mo–Fr 9–17 Uhr, Di & Do auch 17–19 Uhr
www.nummergegenkummer.de
- Num­mer gegen Kum­mer – Kin­der- und Jugend­te­le­fon
116 111 | Mo–Sa 14–20 Uhr, anonym und kos­ten­los
- DGB Rechts­schutz
Arbeits­recht­li­che Bera­tung und Ver­tre­tung für Mit­glie­der der Gewerk­schaf­ten | www.dgbrechtsschutz.de
- Unab­hän­gi­ge Pati­en­ten­be­ra­tung Deutsch­land (UPD)
Auch bei psy­cho­so­zia­len Belas­tun­gen durch Mob­bing
0800 011 77 22 | www.patientenberatung.de
- Not­ruf­num­mer: 112
Bei aku­ter Gefahr oder schwe­ren psy­chi­schen Kri­sen
- Haus­arzt oder Psy­cho­the­ra­peut
Ein wich­ti­ger Schritt bei Panik­at­ta­cken, Schlaf­stö­run­gen oder Depres­sio­nen

Nicht jeder Schmerz ist sichtbar. Aber jeder verdient gesehen zu werden.

Teile diesen Post