Die Macht der Glaubenssätze

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Loan NORDISCHLIFESTYLE 022025

Die Macht der Glaubenssätze

„Du musst etwas tun, damit ich dich liebe.“
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Ich erin­ne­re mich an die­se kal­ten Näch­te, in denen ich im Dun­keln lag und mich frag­te, war­um ich nicht genug war. War­um ich nicht ein­fach geliebt wer­den konn­te, ohne Bedin­gun­gen, ohne For­de­run­gen, ohne ein stän­di­ges „Wenn du… dann lie­be ich dich“.

Mei­ne Mut­ter war eine wun­der­schö­ne Frau. Schlank und zier­lich. Doch ihre Lie­be war nie­mals bedin­gungs­los. Sie war an Bedin­gun­gen geknüpft, an Leis­tung, an Erwar­tun­gen. Ihre Sät­ze hal­len bis heu­te in mir nach:

„Iss auf, und ich lie­be dich mehr.“, „Räum dein Zim­mer auf, dann bist du eine gute Toch­ter.“, „Wenn du brav bist, dann habe ich dich lieb.“

Doch der schlimms­te Satz, der mich für Jahr­zehn­te präg­te, lau­te­te: „Du musst etwas tun, damit ich dich lie­be.“

Ich war in mei­nem Leben nie schlank. Ich war immer dick. Ich war nie die Toch­ter, die sich mei­ne Mut­ter wünsch­te. Nie hübsch genug, nie schlank genug, nie gut genug.

Ich wuchs mit dem tief ver­wur­zel­ten Glau­ben auf, dass Lie­be nicht ein­fach exis­tier­te – sie muss­te ver­dient wer­den. Ein Leben lang kämpf­te ich dar­um, gut genug zu sein. Ich war das Kind, das immer funk­tio­nier­te, das sich anstreng­te, das ver­such­te, alles rich­tig zu machen. Doch egal, wie sehr ich mich bemüh­te, die Lie­be mei­ner Mut­ter war nie bedin­gungs­los. Sie war ein Han­del – und ich zahl­te mit mei­ner See­le.

Zwischen zwei Welten gefangen

Mein Vater hin­ge­gen war das genaue Gegen­teil. Er lieb­te mich so, wie ich war. Er woll­te, dass ich stark, unab­hän­gig und klug wer­de. „Du musst stu­die­ren, mein Mäd­chen“, sag­te er oft. „Glau­be nicht, dass du jeman­den brauchst, der dich ver­sorgt. Sei frei. Sei du selbst.“

Sei­ne Wor­te waren wie ein Licht in der Dun­kel­heit, aber die Schat­ten mei­ner Mut­ter waren stär­ker. Ihre Mani­pu­la­ti­on war all­ge­gen­wär­tig, ihre Urtei­le wie unsicht­ba­re Fes­seln. Sie tat alles dafür, mein Stu­di­um zu tor­pe­die­ren und mich zum Schei­tern zu brin­gen. Ihre Wor­te waren: „Du bist schon häss­lich und fett und wenn du jetzt auch noch zu klug wirst, dann will dich kein Mann hei­ra­ten!“

Doch ich habe ent­ge­gen ihrem Wil­len tat­säch­lich stu­diert und mein Stu­di­um mit Aus­zeich­nung abge­schlos­sen. Sehr zur Freu­de mei­nes Vaters.

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Ich such­te nach Lie­be, nach Aner­ken­nung. Ich war die Freun­din, die alles gab, die Part­ne­rin, die sich auf­op­fer­te. Ich war bereit, mich selbst zu ver­lie­ren, nur um geliebt zu wer­den. Aber es war nie genug. Ich war nie genug.

Der tiefste Schmerz

Dann kam der Tag, an dem mir alles wie ein Kar­ten­haus zusam­men­brach. Die Erkennt­nis traf mich wie ein Faust­schlag: Ich wür­de nie genug sein – nicht für sie, nicht für irgend­wen, solan­ge ich selbst nicht glaub­te, dass ich es wert war.

Ich brach zusam­men, fiel in ein Loch, aus dem ich kei­nen Aus­weg sah. All die Jah­re des Kämp­fens, des Ver­suchs, Lie­be zu ver­die­nen, hat­ten mich aus­ge­laugt. Und schlim­mer noch: Die Angst, wie mei­ne Mut­ter zu wer­den, hat­te mich mein eige­nes Leben lang blo­ckiert.

Ich hat­te mich so sehr davor gefürch­tet, ihre Käl­te wei­ter­zu­ge­ben, dass ich mir das Mut­ter­sein selbst ver­wehr­te. Ich lieb­te und ver­göt­ter­te Kin­der, aber die Angst, nicht genug zu sein, war grö­ßer. Und als ich end­lich den Mann fand, mit dem ich mir ein Leben vor­stel­len konn­te, war es zu spät. Zu spät für das Kind, das ich mir gewünscht hat­te.

Bereue ich es? Ja. Ich wür­de lügen, wenn ich Nein sagen wür­de. Aber mein Vater hat­te mir einen der wert­volls­ten Glau­bens­sät­ze mit­ge­ge­ben:

„Ärge­re dich nicht über Din­ge, die du nicht ändern kannst.“

Der Weg zurück zu mir selbst

Lan­ge habe ich geha­dert, gekämpft, mich gefragt, was hät­te sein kön­nen. Ich habe mir Vor­wür­fe gemacht, mich selbst gequält mit „Was-wäre-wenn“-Gedanken. Doch eines Tages stand ich vor dem Spie­gel, blick­te mir tief in die Augen und ver­stand:

Ich kann mich wei­ter­hin an dem fest­klam­mern, was nicht mehr ist, oder ich kann begin­nen, mich end­lich selbst anzu­neh­men.

Ich habe gelernt, dass mein Wert nicht von der Lie­be ande­rer abhängt. Dass ich mich nicht mehr bewei­sen muss, um gese­hen zu wer­den. Dass Lie­be – wah­re Lie­be – nichts ist, das man sich erkämp­fen muss. Sie ist da oder sie ist es nicht.
Heu­te bin ich kein Opfer mei­ner Ver­gan­gen­heit mehr. Ich tra­ge die Wun­den, ja, aber sie defi­nie­ren mich nicht. Ich bin die Frau, die trotz allem wei­ter­ge­macht hat, die sich selbst aus dem Dun­kel gezo­gen hat und die gelernt hat, dass sie immer schon genug war – ein­fach, weil sie ist.

Habe ich mei­ner Mut­ter ver­zie­hen? Ich arbei­te dar­an, denn Ver­ge­bung bedeu­tet für mich nicht, dass es in Ord­nung war, was sie mir antat. Es bedeu­tet für mich, mei­ne See­le zu befrei­en, um Platz für schö­ne Din­ge, Erin­ne­run­gen und Erleb­nis­se im Leben zu schaf­fen.

Und viel­leicht ist das die größ­te Befrei­ung über­haupt.

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Wie du Glaubenssätze auflöst

Glau­bens­sät­ze sind unsicht­ba­re Ket­ten, die uns gefan­gen hal­ten. Sie bestim­men, wie wir über uns den­ken, wie wir han­deln, wie wir lie­ben. Doch es gibt einen Weg, sie zu bre­chen:

  • Erken­ne dei­ne Glau­bens­sät­ze – Wel­che Sät­ze haben sich in dein Inne­res ein­ge­brannt? Wel­che Über­zeu­gun­gen hast du aus dei­ner Kind­heit über­nom­men?
  • Hin­ter­fra­ge sie – Sind sie wirk­lich wahr? Oder sind sie nur die Wor­te von Men­schen, die selbst gebro­chen waren?
  • Erset­ze sie durch neue Wahr­hei­ten – Statt „Ich bin nicht genug“ sage dir: „Ich bin wert­voll, so wie ich bin.“
  • Hole dir Unter­stüt­zung – Nie­mand muss die­sen Weg allein gehen. Sprich mit Freun­den, The­ra­peu­ten oder Selbst­hil­fe­grup­pen.
  • Sei gedul­dig mit dir selbst – Glau­bens­sät­ze, die Jahr­zehn­te lang gewach­sen sind, ver­schwin­den nicht über Nacht. Aber jeder klei­ne Schritt ist ein Schritt in die Frei­heit.

Du bist nicht allein

Wenn du dich in mei­ner Geschich­te wie­der­fin­dest, wenn du das Gefühl hast, nie genug zu sein, dann bit­te ich dich: Suche Hil­fe. Nie­mand soll­te die­sen Schmerz allein tra­gen.

In Schles­wig-Hol­stein gibt es zahl­rei­che kos­ten­lo­se Bera­tungs­stel­len, die dir hel­fen kön­nen:

  • Hil­fe­te­le­fon „Gewalt gegen Frau­en“ – Bun­des­wei­tes Bera­tungs­an­ge­bot für Frau­en, die psy­chi­sche oder kör­per­li­che Gewalt erlebt haben. Anonym, kos­ten­los und rund um die Uhr erreich­bar unter 116 016 oder unter www.hilfetelefon.de.
  • Tele­fon­seel­sor­ge – Rund um die Uhr anonym und kos­ten­los unter 0800–1110111 oder 0800–1110222.
  • Wei­ßer Ring – Hil­fe für Opfer von Gewalt und Miss­brauch. Erreich­bar unter 116 006 oder unter www.weisser-ring.de.
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Du bist nicht das, was dir angetan wurde. Du bist das, was du daraus machst.

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